Wozu benötige ich überhaupt noch einen Kfz-Sachverständigen

Immer wieder wird die Frage gestellt, wozu man nach einem Verkehrsunfall einen Kfz-Sachverständigen
benötigt. Ist nicht die Werkstatt in der Lage, einen Schaden mit Kostenvoranschlag
exakt zu dokumentieren und führt nicht die verbaute Elektronik in meinem Fahrzeug dazu, dass
der Schaden fast schon automatisch ermittelt wird?

Immer häufiger verzichten Versicherer auf ein Schadengutachten und Versicherer erteilen sogenannte
Reparaturfreigaben, selbst wenn der Schaden über 5.000,00 € oder gar 10.000,00 €
liegt.
All dies darf jedoch nicht davon ablenken, dass der Sachverständige in einem Schadenfall eine
ganz besondere Funktion hat, die nicht zur Disposition des schädigenden Versicherers steht.

1. Der Kfz-Sachverständige ist Garant dafür, dass bei einem möglichen, späteren Streit
über den Unfallhergang noch eine gutachterliehe Beweissicherung möglich ist.

2. Das Schadengutachten ist nicht eine bloße Schadenkalkulation, sondern beinhaltet Angaben
zum Fahrzeug, zum Schadenhergang, zum Reparaturweg und zu allen schadenrelevanten
Werten.

3. Nur das unabhängige Schadengutachten ermittelt neben den Reparaturkosten auch merkantile
Wertminderung, Wertverbesserungen, Abzüge, Wiederbeschaffungswert und Rest
wert.

4. Das Gutachten ist die Grundlage der Höhe des Sachschadens insbesondere auch bei
fiktiver Abrechnung. Der Geschädigte hat hier Anspruch auf Erstattung der erforderlichen
Kosten, die letztlich nur durch ein Gutachten sachgerecht ermittelt werden können.

5. Es gibt kaum einen Schadenfall, in dem es im Rahmen der Regulierung nicht zu Abzügen
kommt. Nur wenn zuvor ein Gutachten erstellt wurde, ist es häufig möglich, sich gegen
die Abzüge erfolgreich zur Wehr zu setzen.

6. Nach der Rechtsprechung hat der Geschädigte das uneingeschränkte Recht, einen Sachverständigen
seines Vertrauens hinzuzuziehen, um auszuschließen, dass der Geschädigte
gegenüber dem regulierungspflichtigen Versicherer Nachteile erleidet. Das Recht
auf Hinzuziehung des Sachverständigen gilt auch dann, wenn der Versicherer ausdrücklich
darauf verzichtet, dass ein Sachverständiger hinzugezogen wird. Es ist im Zweifel
nicht das Recht des Schädigers, sondern das Recht des Geschädigten, einen unabhängigen
Fachmann mit der Schadenfeststellung zu beauftragen.

7. Hochkomplexe Karosserietechnik, Fahrzeugelektronik sowie modernste Werkstoffe
wie Karbon und ultrahochfestester Stahl führen dazu, dass häufig der Umfang eines Unfallschadens
nicht erkannt werden kann. Erst. der Sachverständige veranlasst die not·
wendigen Untersuchungsmaßnahmen – wie beispielsweise Fehlerspeicherauslese, Achs- oder
Karosserievermessung. Schon aus Gründen der Verkehrssicherheit ist es geboten,
nach einem Verkehrsunfall ein Schadengutachten erstellen zu lassen.

8. Das Gutachten nimmt explizit Stellung zu reparierten oder unreparierten Vorschäden,
zum Fahrzeugzustand und zur dokumentierten Laufleistung.

9. Es ergibt selten Sinn, sich auf die Vorgaben des Schädigers einzulassen. Der Schädiger
sollte nicht auch noch die Höhe des Schadens ermitteln, für die er selbst einzutreten
hat. Aus diesem Grund werden die Kosten für das Sachverständigengutachten durch den
Unfallverursacher getragen, soweit nicht ersichtlich ein Bagatellschaden vorliegt, der derzeit
mit etwa 750,00 € beziffert wird. Bei modernen Fahrzeugen dürfte in der Regel ein
sogenannter Bagatellschaden ausgeschlossen sein.

10. Alle Parteien profilieren von einem qualifizierten Schadengutachten, das weisungsfrei erstellt
wurde.